Einsatz im Katastrophengebiet – Bericht einer KlinStrucMed Kollegiatin
Anfang Juli startete dieses Jahr wieder das KlinStrucMed-Programm. Mein Name ist Nadine Zehrfeld, ich bin im 8. Fachsemester Humanmedizin und freue mich sehr, dass ich 2021 eine der Kollegiatinnen des KlinStrucMed-Programmes sein darf. Ich promoviere in der Klinik für Rheumatologie unter Frau PD Dr.med. Ernst zur Prävalenz von Atherosklerose bei primärem Sjögren-Syndrom. Kaum in der Einarbeitungsphase angekommen, musste ich diese kurzfristig unterbrechen. Die Katastrophenschutzeinheit des Malteser Hilfsdienst Hannover, zu der ich als aktive ehrenamtliche Helferin gehöre, wurde zur Unterstützung in das Flutkatastrophengebiet Ahrweiler gerufen und unterstützt von anderen Gliederungen aus Niedersachsen, kamen wir am 01.08.2021 dort an.
Man kennt aus den Medien die Bilder, aber vor Ort ist das Ausmaß der Zerstörung noch viel größer, viel eindrucksvoller. Kein Strom, kein fließendes Wasser, keine Kanalisation, keine Straßenbeleuchtung und viele Anwohner, die in den schlammigen Trümmern ihrer Existenzen standen bzw. stehen. Weit über 100 Menschen verloren ihr Leben. Wir waren auf einem Sportplatz oberhalb der Stadt in Zelten untergebracht und stellten die medizinische Notfallversorgung der Betroffenen, aller Einsatzkräfte und HelferInnen im Einsatzgebiet. Bei den Aufräumarbeiten entstanden vielfach kleinere Verletzungen, die wir versorgten. Vordergründig war jedoch die psychosoziale Betreuung der Betroffenen. Präsent sein, Gespräche führen, Hilfsangebote mitorganisieren und auch selbst mit anpacken.
So erschütternd die Lage vor Ort war, noch viel beeindruckender war und ist die Hilfsbereitschaft. Es waren nicht nur Bundeswehr, THW, Feuerwehren und Hilfsorganisationen aus ganz Deutschland vor Ort, sondern auch viele Firmen und unzählige spontane HelferInnen. Nachdem wir von anderen HelferInnen aus Hannover abgelöst worden waren, fuhren wir am 04.08.2021 sehr erschöpft, aber froh einen sinnvollen Beitrag geleistet zu haben, nach Hause.
In dieser Zeit hat mich das Leid der Menschen persönlich berührt. Ich habe versucht zu trösten und habe Wunden versorgt, körperliche wie seelische. Besonders überwältigend empfand ich, wie viel Unterstützung von überall her das Ahrtal erfuhr und noch erfährt. Das ist der Beweis, dass unsere Gesellschaft im Ernstfall zusammenrücken kann.
Mein ehrenamtliches Engagement im Sanitätsdienst begleitet mich seit zehn Jahren, weil es für mich selbstverständlich ist, Menschen in Ausnahmesituationen zu helfen, auch wenn dafür mein eigener Alltag kurzfristig auf Pause gestellt werden muss. In diesem Einsatz habe ich für meine Hilfe aufrichtige Dankbarkeit erhalten, das ist unbezahlbar. Dies ist einer der Gründe, warum ich mich ehrenamtlich bei den Maltesern Hannover engagiere, hinzu kommen die großartige Kameradschaft und der freundschaftliche Zusammenhalt. Man ist füreinander da, lacht gemeinsam und tauscht sich darüber aus, was im Einsatz erlebt wurde. Eine derartige Zerstörung habe ich noch nicht gesehen, auch nicht in meinem Einsatz 2013 bei dem Jahrhunderthochwasser an der Elbe. Umso wichtiger war die Nachbesprechung dieses Einsatzes für mich. Zurück in Hannover gingen sofort der Alltag und die Arbeit an der KlinStrucMed-Promotion weiter. Wenn ich so auf meinen Einsatz und diese Erlebnisse zurückblicke, erfüllt mich ein gewisses Gefühl der Demut.
nz